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Norwegens schönste Straßen

01/06/2014 - Ralf Schröder

Eigentlich finden wir ja die meisten Straßen in Norwegen schön, sieht man einmal von der E6 und ein paar Autobahnabschnitten im Großraum Oslo ab. Trotzdem hat Statens Vegvesen, die norwegische Behörde für Straßenverwaltung, 18 Nationale Touristenstraßen ausgewiesen. Sie liegen durch das gesamte Land verstreut. Regionaler Proporz war und ist in Norwegen unglaublich wichtig, damit sich keine Region ausgeschlossen fühlt. Und so haben die Nationalen Touristenstraßen völlig unterschiedliche Charaktere, führen durch die verschiedensten Landschaftsformen. Fünf der 18 Routen möchten wir Euch näher vorstellen.

Geiranger und Trollstigen

Der Geirangerfjord ist wahrscheinlich der bekannteste Fjord Norwegens. Schon früh wurde er von Urlaubern und Kreuzfahrtschiffen besucht, auch Kaiser Wilhlem II. gehörte zu den Liebhabern dieses abgeschiedenen Meeresarmes. Der Geiranger ist besonders steil, an seinem Ufer führen keine Straßen entlang. Das gleichnamige Dorf am Ende des Fjords ist nur über zwei Straßen zu erreichen: Der Riksveg 63 führt vom Strynefjell herab und ist im Winter im oberen Bereich sehr stark von Schneeverwehungen betroffen. Oft ist dies die letzte Bergstraße Fjordnorwegens, die zu Beginn des Sommers geöffnet wird.

Auf der anderen Seite von Geiranger führt die 63 erneut über das Fjell. Dieser Abschnitt ist als “Adlerstraße” bekannt geworden. Spektakulär ist die Aussicht aus Ørnesvingen, der “Adlerkurve”. Nach jahrzehntelangem wildem Parken auf der Straße hat der Status als Nationale Touristenstraße zumindest zu einem kleinen Parkstreifen geführt. Denn in den Fjord hineinschauen kann man nirgends so einfach wie an dieser einen Kurve. Die Straße wurde übrigens erst 1956 gebaut, davor war Geiranger nur per Schiff zugänglich.

Die Berühmtheit hat zur Folge, dass alle an den Geirangerfjord wollen. Bis zu drei Kreuzfahrtschiffe dürfen gleichzeitig am Fjordende liegen und spucken ihre Gäste mit Tenderbooten an Land. Dort warten dann Dutzende Busse, um die Massen auf den Aussichtsberg Dalsnibba, in die Kurve Ørnesvingen oder zum Trollstigen zu karren. Für Motorradfahrer führt dies gelegentlich dazu, dass man auf der Serpentinenstrecke bergauf hinter einem Bus festhängt und nur mit Mühe auf der schmalen Strecke daran vorbei kommt. Das gleiche Problem hat man in den elf Haarnadelkurven des Trollstigen, insbesondere wenn sich Flachländer in Wohnmobilen an der engsten Stelle treffen.
Unsere Wertung: Landschaftlich großartig, sollte man gesehen haben. Aber der Touristenrummel ist nicht Jedermanns Sache.

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Ryfylke

Das Ryfylke bezeichnet die Region nördlich von Stavanger und nicht eine einzelne Straße. Zum Ryfylke gehören Inseln mit Obst- und Gemüseanbau wie Rennesøy und Finnøy, aber auch die Bergwelt, die die westnorwegische Küste vom Setesdal trennt. Die Hauptader ist die Straße 13, die bei Sandnes beginnt, das äußere Ende des Lysefjords kreuzt und dann Richtung Hardanger gen Norden führt. Berühmte Namen sucht man hier vergebens – und genau das ist der Vorteil des Ryfylke. Natürlich möchten viel Touristen zum Preikestolen, der Felskanzel über dem Lysefjord. Doch spätestens wenn sie hören, dass es zwei bis drei Stunden Wanderung pro Strecke vom Parkplatz an der Preikestolhytte bis zur Kanzel sind, lassen sie vom Vorhaben ab. Für Motorradfahrer ist der Rv 13 eine tolle Strecke. Landschaftlich schöne Passagen am Jøsenfjord und am See Suldalsvatnet wechseln sich mit kurvenreichen und gut ausgebauten Passagen ab.

Unsere Wertung: Vielleicht nicht so spektakulär wie der Geirangerfjord, aber es müssen nicht immer die großen Namen sein. Zum flüssigen Fahren ideal, Fahrspaß: Eins mit Sternchen.

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Valdresflya

Schönes Wetter und kein Wind. Warum ist diese langweilige Straße über die Hochebene eine Nationale Touristenstraße? Dann fahr doch mal Anfang Juni, wenn oben noch rechts und links der Straße meterhohe Schneewände stehen! Oder fahr sie bei starkem Wind, der dich fast von der Fahrbahn pustet! Der Rv 51, der die E15 östlich von Lom mit der E16 bei Fagernes verbindet, kann seine Tücken haben. Im Norden beginnt die Strecke mit ein paar netten Kurven hinauf zum See Lemonsjøen. Wenn die Baumgrenze passiert wird, ist nach Westen das prächtige Bergmassiv von Jotunheimen zu sehen. Es gibt nur noch wenig Kurven, auch im Sommer stecken hier noch rechts und links der Straße die Markierungsstäbe für die Schneepflüge. Auf der Passhöhe bei 1.389 Metern eine karge, vom Wind gebürstete Landschaft. Für einen Stopp eignet sich die Jugendherberge Valdresflya. In einer urigen Hütte gibt es leckere Waffeln mit Schmand und Erdbeer-Marmelade, dazu einen warmen Kaffee. Wer sich hier schon mal als Motorradfahrer im Frühsommer aufgewärmt hat, während draußen die Skiläufer ihren Spaß haben, weiß die Herberge am Straßenrand zu schätzen.

Unsere Wertung: Die schönste Alternative zur E6 im Gudbrandstal. Fahrerisch je nach Wetter einfach bis anspruchsvoll.

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Helgelandskysten – RV 17

Der Rv 17 beginnt südlich von Namsos in Nord-Trøndelag, also nördlich von Trondheim. Als Nationale Touristenstraße ist er erst ab der Fähre bei Holm ausgewiesen. Warum, wissen die nordischen Götter der Straßenverwaltung allein. Denn auch die Kurven ab Namsos sind schon klasse. Danach prägen viele kleine Fähren den Tagesrhythmus. Wer keine Lust auf Touristenmassen hat, ist hier richtig. Der Nachteil: Ohne Thermoskanne, etwas Proviant und Geduld an den Fähranlegern läuft hier gar nichts. Denn manche kleine Fähre fährt nur drei Mal am Tag in der Nebensaison. Und wenn sie weg ist, ist sie weg. Drei Stunden warten ohne Bushäuschen… normal. Belohnt werdet Ihr mit großartigen Ausblicken auf das Meer, einem Gletscher, an den man mit dem Motorrad heranfahren kann und dem Gezeitenstrom Saltstraumen.

Unsere Wertung: Der schönste Weg Richtung Lofoten und Nordkap.

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Varanger – ans Ende Europas

Ganz im äußersten Nordosten Norwegens ragt die Varanger-Halbinsel in die Barentssee. Vardø ist die östlichste Stadt Norwegens, sie liegt östlich von Istanbul. Die Küstenstraße am Varangerfjord entlang von Varangerbotn über Vadsø und Vardø bis nach Hamningberg ist zur Nationalen Touristenstraße ernannt worden. Das spektakulärste Stück sind die letzten 40 Kilometer von Vardø bis nach Hamningberg. Das “Ende Europas” steht auf einem Schild an dem winzigen Sommercafé. Und die Strecke hat es in sich: Nicht einsehbare Kurven und Kuppen fordern volle Aufmerksamkeit, gleichzeitig schweift das Auge ständig über diese unwirklich schöne, raue Landschaft und die Barentssee.

Unsere Wertung: Man muss es SEHR einsam mögen, aber dann ist es großartig. Weite Anreise, am schnellsten über Finnland.

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Ralf Schröder
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