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Kroatien – Schwein gehabt

19/05/2014 - Ralf Schröder

Gigi räumt ihre Tonne auf. Alte Lappen werden aus dem Weinfass heraus geschleudert. Und dann kommt Gigi doch wirklich mit einer Bratpfanne an. Ob Schweine Ironie verstehen? Die Haus- und Hofsau Gigi hat eine Bratpfanne als Spielzeug, weil man damit so schön rappeln kann. Wir sind im Norden Istriens, bei Momjan, einem kleinen Dorf nahe der slowenischen Grenze und nicht weit von Umag, das vom Berg herunter am Meer zu sehen ist. Unser Quartier ist ein Agroturizam, also so etwas wie eine Pension auf einem Bauernhof. Gigi darf hier frei rumlaufen, keine Kette und kein Zaun hindert die freundlich mit dem Ringelschwänzchen wedelnde Sau daran, unsere Motorräder zu beschnüffeln. “Sie bewacht die Motorräder gut”, sagt man uns, während wir uns an Käse, Schinken und Wein aus dem hauseigenen Weinkeller stärker. Zum Frühstück ist Gigi schon wieder unterwegs, sie spielt gerade mit einem jungen Hund. Gigi fühlt sich offenbar sauwohl.

Die Beschaulichkeit ist vorbei, als wir Porec besuchen. Hier an der Küste der Halbinsel Istrien sind auch so früh im Jahr schon viele Urlauber unterwegs. Die Tische in der Sonne vor den Restau-rants sind gut besetzt. Und Mopeds sind auch auf den Straßen. Wir sehen dänische und österreichische Kennzeichen, aber wenig deutsche Bleche. Bevor wir ins Inland abbiegen, besuchen wir noch dem Limski Kanal, einen schmalen Fjord, und die Stadt Rovinj.

Hinter Barban geht es auf die Küstenstraße nach Opatija. Über der Kvarner-Bucht leuchtet der Himmel stahlblau und wolkenfrei. Zu Zeiten der k.u.k. Monarchie haben die Österreicher in Opatija üppige Hotels gebaut, der Ort stieg zum österreichischen Seebad Nummer eins auf. Die Mischung aus Palmen am Ufer und leicht morbiden alten Hotels lässt ahnen, warum der Ort so beliebt war und ist. Auf dem Rückweg werden wir im benachbarten Lovran Station machen.

Nach einer Nacht in Crikvenica gehen wir auf die Küstenstraße gen Süden. Strahlender Sonnen-schein und wenig Verkehr. Die Ausschilderung ist gewöhnungsbedürftig: Durch manch belebte Ortschaft darf man mit 70 km/h fahren, aber vor harmlosen Kurven außerorts steht ein Tempo 50-Schild. Das gucke ich mir nicht lange an: In den Orten mit erhöhter Aufmerksamkeit mitschwimmen und außerorts laufen lassen, das funktioniert. Der Asphalt ist schließlich gut und trocken, also lass laufen! Die vier Tschechen, die auf ihren Sportmaschinen wie aus dem Nichts auftauchen und ähnlich schnell an uns vorbei sind, interpretieren die Schilder offenbar komplett schmerzbefreit.

Die Strecke ist wie gebaut für Motorradfahrer, in Karlobag stehen die Motorräder in dichten Reihen vor den Cafés und Bars. Wir haben aber noch etwas Strecke vor uns, denn wir wollen nach Trogir. Die von einer Stadtmauer umschlossene Altstadt war schon zu Zeiten der Griechen, etwa 300 v. Chr., ein bedeutender Handelsort. Zerstört, erobert und wieder aufgebaut steht der historische Kern von Trogir heute als UNESCO Welterbe unter Schutz. Mir ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken, die Motorräder einfach außerhalb der Stadtmauer auf einem der zahlreichen Parkplätze für Roller und Motorräder abzustellen, aber ich habe auch keine Lust, den weiter entfernten Hotelparkplatz zu benutzen. So haben wir nur wenige Meter bis ins Gassengewirr von Trogir. Ich suche noch nach Schildern, da stehe ich auch schon vor dem Hotel. Vom Zimmer ein toller Blick über die Dächer und Hinterhöfe, unter uns das Restaurant – wir sind mitten im Leben von Trogir angekommen. Welch tolle Stadt: Von Wasser und alten Mauern umgeben und ein Restaurant neben dem anderen. Erst einen Kaffee, danach einen Caipirinha und zum Essen einen guten Wein. Natürlich mit Blick auf die Promenade und das Wasser – es geht uns saugut. Die laue Nacht senkt sich über Trogir, aber es wird nicht richtig kühl. Wir bummeln durch die Gassen zum Hotel.

Je länger wir in Kroatien sind, umso besser gefällt es uns. Die Orte und die Küste sind nicht mit Bettenburgen zugeknallt, sie haben eine angenehme Größe. Selbst in Dubrovnik, das ein Touristenziel ersten Ranges ist, liegt das Hotelviertel dezent etwas abseits, wie ein Wohnviertel. In fast allen Restaurants wird Deutsch gesprochen, oder zumindest die Karte ist auf Deutsch. Sie waren als “Gastarbeiter”, wie es früher hieß, und als Flüchtlinge in Deutschland und sind zurückgekehrt. Jetzt betreiben sie Restaurants und Hotels wie der freundliche älte-re Herr, der uns in perfektem Deutsch bei Roski Slap im Nationalpark Krka Schinken und Oliven als kleine Mittagsmahlzeit empfiehlt. Und erzählt, dass hier der Winnetou-Film “Im Tal des Todes” gedreht wurde. Dazu quaken unten im See die Frösche um die Wette. Die Fahrt durch das Inland zu den Plitvicer Seen und weiter Richtung Rijeka und Lovran zeigt uns die andere Seite Kroatiens: Hier gibt es noch Häuser mit Einschusslöchern aus dem kroatischen Krieg 1991-95. Es ist bewundernswert, wie die Kroaten ihr Land danach wieder in Ordnung gebracht haben – Respekt.

Unsere Tour endet in Lovran, dem Nachbarort von Opatija. Nach dem leckeren Abendessen laufen wir noch über die kilometerlange Uferprome-nade. Über der Bucht glitzern die Lichter von Rijeka. Es ist angenehm warm. Hallo Gigi: Mal wieder Schwein gehabt mit dem Wetter, was?

Ralf Schröder

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